Fortschreitende Erkrankungen des ZNS

Im Falle eines Hirntumors wächst mehr oder weniger schnell eine Geschwulst im Schädel. Dieser raumfordernde Prozess ist als ein fortschreitender Prozess anzusehen, welcher allerdings häufig durch einen operativen Eingriff beeinflussbar ist. Auch zahlreiche chronisch fortschreitende (progrediente, degenerative) Erkrankungen des Gehirns verursachen Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen. Dazu gehören die Parkinson-Krankheit, Multiple Sklerose, Amyotrophe Lateralsklerose, verschiedene Formen der Kleinhirn-Ataxie und andere mehr. In den folgenden Abschnitten finden Sie Informationen über die verschiedenen Störungsbilder.

Der Begriff Hirntumor ist eine Sammelbezeichnung für gutartige oder bösartige Geschwulste im Schädel. Diese können direkt aus dem Gewebe des Gehirns oder der Hirnhäute entstehen oder als Hirnmetastasen aus Krebszellen anderer Tumore ins Gehirn streuen. Je nach Art des Tumors können sie schneller oder langsamer wachsen. Ein gutartiger Gehirntumor wächst nur langsam und bleibt dabei meist von benachbartem, gesundem Hirngewebe gut abgrenzbar. Ein bösartiger Gehirntumor wächst dagegen häufig schnell und dabei zerstörerisch in das umgebende Gewebe hinein (sog. infiltratives Wachstum). Wächst der Hirntumor langsam, können in begrenztem Umfang nicht betroffene Hirnareale die Funktionen der geschädigten Hirnregion übernehmen. Dies erklärt, warum manchmal selbst große Gehirntumoren lange Zeit keine Beschwerden verursachen.

Die Diagnose eines Hirntumors erfolgt mittels bildgebender Verfahren wie dem CT (Computertomographie) und dem MRT (Magnetresonanztomographie). Die Therapie richtet sich nach Lage, Größe und Gewebeart des Tumors sowie nach dem Allgemeinzustand des Patienten. An erster Stelle ist hier die operative Entfernung zu nennen, bei bösartigen Tumoren gefolgt (oder vorbereitet) durch eine Bestrahlung und / oder Chemotherapie. Die Prognose hängt vom Wachstumsverhalten der Tumorzellen ab. Allerdings ist bei einem sehr schwer zugänglichen Gehirntumor eine Operation manchmal kaum möglich oder mit einem erhöhten Risiko verbunden. Hier ist die Zusammenarbeit mehrerer medizinischer Fachrichtungen notwendig.

Die Symptome bei einem Gehirntumor sind vielfältig und hängen von der Größe und der betroffenen Hirnregion ab. Die häufigsten Beschwerden bei einem Hirntumor sind Kopfschmerzen, Krampfanfälle (epileptische Anfälle) und Wesensveränderungen. Ein Tumor kann je nach seiner Größe und Lage im Gehirn eine Sprachstörung / Aphasie, eine Sprechstörung / Dysarthrie oder eine halbseitige Gesichtslähmung / Fazialisparese verursachen. Eine symptomatische Übungstherapie und somit auch eine Sprachtherapie ist in der Regel erst nach der medizinischen Therapie, z.B. nach Entfernung des Tumors sinnvoll.

Eine der häufigsten fortschreitenden Erkrankungen des zentralen Nervensystems ist die Parkinson-Erkrankung. Hierbei ist zwischen dem idiopathischen Parkinson (IPS, gleichbedeutend: Morbus Parkinson) und den nicht idiopathischen, sog. atypischen Parkinson-Syndromen zu unterscheiden. Die atypischen Parkinson-Syndrome treten wesentlich seltener auf und unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Symptomatik, ihrem ungünstigeren Verlauf und der Behandlung von dem idiopathischen Parkinson-Syndrom. Ein wichtiges Merkmal der atypischen gegenüber dem idiopatischen Parkinson-Syndrom ist der Zeitpunkt, wann im Krankheitsverlauf eine Sprech- bzw. eine Schluckstörung auftritt: Während es beim idiopathischen Parkinson meist erst Jahre nach Erkrankungsbeginn zum Auftreten einer Sprechstörung und erst in den späten Krankheitsstadien zu einer Schluckstörung kommt, sind die Sprech- und auch die Schluckstörung bei den atypischen Syndromen ein frühes, meist in den ersten zwei Jahren auftretendes, nicht selten sogar das erste Zeichen der Erkrankung. Zu den atypischen Parkinson-Syndromen gehören (in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit) die progressive supranukleäre Blickparese (PSB), die Multisystematrophie (MSA), die Kortikobasale Degeneration und die Atypischen Parkinson-Syndrome mit Demenz.

Trotz intensiver Forschungen konnte bislang kein Medikament gefunden werden, das den fortschreitenden Prozess dieser Erkrankungen wirksam aufhalten könnte. Insbesondere im Bereich der Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen gibt es keine medikamentöse Behandlung, die eine aktivierende Therapie wie die Sprachtherapie ersetzen könnte.

Als die motorischen Kardinalsymptome des idiopathischen Parkinson gelten die Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinesie), Hemmung des Beginns einer Bewegung (Akinesie) die Steifigkeit der Muskulatur (Rigor), welche sich auch in mangelnder Mitbewegung der Arme beim Gehen oder in einer verringerten Mimik (Hypomimie) äußert, ein Zittern der Arme und Hände sowie weiterer Körperteile in Ruhe (Ruhetremor) sowie eine vornübergebeugte und instabile Haltung aufgrund gestörter Haltungsreflexe (posturale Instabilität). Darüber hinaus können im Verlauf auch nicht motorische kognitive Störungen (des Gedächtnisses) und emotionale Beeinträchtigungen (Depression) auftreten. In den letzten Jahren wurde auch eine früh einsetzende Störung der Geruchswahrnehmung als ein diagnostisches Kriterium festgestellt, das bei fast allen Parkinson-Erkrankten auftritt. Durch die Starre in der mimischen Muskulatur einschließlich verminderter Lidschlusshäufigkeit werden die Patienten oft fälschlicherweise als teilnahms- und interesselos angesehen.

Fast alle Parkinson-Patienten (90%) entwickeln früher oder später eine Sprechstörung / Dysarthrie. Diese tritt meist im Durchschnitt etwa 7 Jahre nach Diagnosestellung auf und äußert sich typischerweise in einer Veränderung der Stimme (leiser werdend, heiser oder kratzig, verminderte Modulation der Tonhöhe), der Deutlichkeit der Aussprache (unscharf, undeutlich) und der Sprechgeschwindigkeit (verlangsamt oder zu schnell bzw. schneller werdend). Dies kann bis zur Unverständlichkeit der Äußerungen führen. Häufig ist dabei die Wahrnehmung für die eigene Sprechweise herabgesetzt. Zudem kann sich – meist erst in späteren Krankheitsphasen – aufgrund der motorischen Defizite eine Schluckstörung / Dysphagie entwickeln.

Die Progressive supranukleäre Blickparese, auch als Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom bekannt, äußert sich in der zunehmenden Unfähigkeit zu willkürlichen vertikalen (rechts-links) Augenbewegungen, einhergehend mit einem beidseitigen hypokinetisch-rigiden Parkinson-Syndrom, einer frühen Fallneigung (innerhalb eines Jahres nach Diagnosestellung) mit Stürzen nach hinten, manchmal auch einer überstreckten (Kopf-)Haltung nach hinten, einer früh stark ausgeprägten Sprechstörung (Dysarthrie) und Schluckstörung (Dysphagie). Zudem können Störungen der sog. Exekutivfunktionen (wie der Handlungsplanung, Problemlösung, des abstrakten Denkens) auftreten. Im weiteren Verlauf können Störungen des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit hinzukommen. Im Bereich der Sprache wurden Benennstörungen, verkürzte Sätze und verlangsamtes Lesen beschrieben. Auch psychische Symptome wie depressive Verstimmtheit oder Apathie können bereits recht früh auftreten.

Die Erkrankung beginnt nach dem 40. mit der höchsten Häufigkeit zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr. Die Auftretenshäufigkeit wird auf 1-2 neue Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt. Männer und Frauen sind gleich oft betroffen. Sehr häufig wird dieses Syndrom jedoch nicht oder erst sehr spät erkannt, da es mit MSA oder dem Idiopathischen Parkinson (ISP) verwechselt wird. Im MRT zeigt sich typischerweise ein reduzierter Durchmesser des Mittelhirns und Mittelhirnschenkels, eine Depigmentierung der Substantia nigra und eine Atrophie des Frontalhirns. Da die Diagnosestellung dennoch schwierig ist, unterscheidet man in mögliche, wahrscheinliche und gesichterte (nur post mortem) Diagnose einer PSP. Es ist davon auszugehen, dass etwa 6 % der mit ISP diagnostizierten Patienten eigentlich eine PSP haben. Angaben zur Überlebensdauer nach Diagnosestellung reichen von 5 – 12 Jahren. Die Erkrankung wird nur äußerst selten direkt vererbt.

Betroffene mit PSP sprechen höchstens anfänglich und nur mäßig auf L-Dopa-Medikamente sowie insgesamt nur sehr begrenzt auf medikamentöse Möglichkeiten an. Schwerpunkt der Behandlung bei PSP liegt auf den aktivierenden Therapien wie einem Verhaltenstraining, Training zur Sturzprophylaxe und Sprachtherapie.

Die Sprachtherapie spielt bei PSP eine besondere Rolle, da meist bereits sehr früh im Krankheitsverlauf eine ausgeprägte Sprechstörung (Dysarthrie) auftritt. Diese geht oft mit einer hohen Sprechanstrengung einher, die sich rasch bis zur Unfähigkeit zu sprechen (Anarthrie) entwickeln kann. Daher ist es wichtig, um eine kommunikative Isolation zu verhindern, möglichst frühzeitig über apparative Kommunikationshilfen (sogenannte Unterstützte Kommunikation, UK) nachzudenken und ihren Einsatz auch einzuüben, solange die geistigen Fähigkeiten hierfür ausreichen. Hierbei kann die Sprachtherapeutin / der Sprachtherapeut helfen.

Auch im Bereich der Schluckstörung (Dysphagie) ist eine frühzeitige Vorsorge wichtig. Um Lungenentzündungen aufgrund in die Lunge gelangter Nahrung (Aspirationspneumonien) zu vermeiden und eine ausreichende Ernährung zu gewährleisten, kann die Versorgung über eine Magensonde (PEG) notwendig und hilfreich sein.

Die Multisystematrophie tritt im mittleren Erwachsenenalter auf (Erkrankungsbeginn im Durchschnitt um das 60. Lebensjahr) und betrifft Männer und Frauen gleich häufig. Unter dem Begriff der Multisystematrophie werden heute verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, die früher als eigenständige Krankheitsbilder beschrieben wurden (Olivo-Ponto-Zerebelläre Atrohie OPCA, Shy-Drager-Syndrom, Striatonigrale Degeneration u.a.). Gemeinsam sind ihnen bestimmte Ablagerungen in den Gliazellen und in den Nervenzellen. Allerdings bleibt der Krankheitsnachweis und damit die Diagnosestellung schwierig, so dass zwischen möglicher, wahrscheinlicher und definitiver (pathologisch gesicherter) MSA unterschieden wird.

Symptome sind vor allem motorische Störungen, die der idiopathischen Parkinson-Erkrankung ähnlich sind, zudem Koordinationsstörungen mit Fallneigung, die einer Ataxie ähnlich sind, vegetative Störungen (z.B. Störungen der Blutruckregulation, des Schlafes, der Blasenentleerung) und Lähmungserscheinungen. Je nach Beteiligung der betroffenen Nerven ist nur ein Teil der genannten Symptome zu beobachten. Kognitive Beeinträchtigungen oder Demenz treten nur sehr selten auf. Nachdem die ersten Krankheitssymptome aufgetreten sind, schreitet die MSA rasch voran mit einer durchschnittlichen Überlebenszeit von 9 Jahren nach Diagnosestellung. Als häufigste Todesursache werden Bronchopneumonien beschrieben, die durch die schwere Bewegungsarmut (Hypokinese) und Immobilität, aber auch durch die Schluckstörung (Dysphagie) bedingt sein können.

Die Kortikobasale Degeneration beginnt schleichend um das 60. Lebensjahr und betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Das meist vorherrschende oder erste Symptom ist eine Demenz. Häufig ist bereits zu Beginn aber auch eine Bewegungsarmut bzw. -steifigkeit (akinetisch-rigide Störung) zu beobachten sowie eine Sprachstörung (Aphasie), apraktische Störungen und Verhaltensstörungen. Bei ca. 60 % der Patienten wird das für die Kortikobasale Degeneration typische ‚Alien Limb Syndrom‘ beschrieben, bei welchem der Betroffene eine Hand oder ein Bein als fremd und nicht zu seinem Körper gehörig empfindet. Die diagnostische Abgrenzung von anderen Erkrankungen beruht auf dem Nachweis bestimmter Faserbündel (sog. ‚Coiled Bodies‘) in den Gliazellen und Nervenzellen. Im Kernspin lassen sich Atrophien (Abbau von Nervenzellen) in bestimmten (frontoparietalen) Regionen der Großhirnhinde nachweisen, die meist asymmetrisch, also in unterschiedlichem Ausmaß in der rechten und linken Großhirnhälfte stattfinden.

Unter den atypischen parkinson-ähnlichen Syndromen lassen sich eine Gruppe von Erkrankungen zusammenfassen, deren typisches Merkmal eine früh im Krankheitsverlauf auftretende Demenz ist. Diese bringt Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens, der Sprachproduktion und der Exekutivfunktionen mit sich, während Gedächtnisleistungen und die Orientierungsfähigkeit lange erhalten bleiben können. Im weiteren Verlauf können früher oder später Parkinsonsymptome hinzutreten. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Frontotemporale Demenz, die primär Progressive Aphasie und die Semantische Demenz. Die früh auftretende Demenz unterscheidet diese Erkrankungen deutlich gegenüber dem idiopathischen Parkinsonsyndrom (IPS) und der Multisystematrophie (MSA).

Frontotemporale Demenz

Charakteristisch für die Frontotemporale Demenz ist der Abbau von Hirnzellen insbesondere in den frontotemporalen Hirnregionen, daher die Bezeichnung. Aktuelle Forschungen zeigen, dass Veränderungen im sogenannten Tau-Gen an Chromosom 17 für diesen Abbauprozess verantwortlich sein könnten. Die Frontotemporale Demenz ist von anderen Demenzformen wie der Alzheimer Demenz, der Vaskulären Demenz und der Lewy-Körper-Demenz zu unterscheiden. Nach der Alzheimer Demenz und der Lewy-Körper-Demenz stellt die Frontotemporale Demenz die dritthäufigste Demenzform dar.

Es zeigen sich neben ausgeprägten kognitiven (‚geistigen‘) Einschränkungen eine fortschreitende Verarmung der Sprachproduktion, wobei Äußerungen immer wieder stereotyp wiederholt werden können. Das Sprachverständnis ist hierbei relativ gut erhalten. Es können zudem Störungen der Exekutivfunktionen (Handlungsplanung, Problemlösung, abstraktes Denken) und der Aufmerksamkeit auftreten. Typisch sind auch bereits in frühen Stadien ein beeinträchtigtes Sozialverhalten mit Kontrollverlust und Distanzlosigkeit, aber im weiteren Verlauf auch sozialer Rückzug, der Verlust der Fähigkeit, mit Anderen mitzufühlen und zunehmende Ängstlichkeit. Wahrnehmungsstörungen treten – anders als bei der Alzheimer-Demenz – kaum auf.

Primär Progressive Aphasie (PPA)

Im Vordergrund dieser durch frontotemporalen Hirnabbau bedingten Erkrankung steht die fortschreitende Sprachstörung. Meist ist sie über Jahre das einzige bzw. das führende Symptom. Die Sprachproduktion ist hierbei erschwert, der Redefluss wird zunehmend stockend mit Wortfindungsstörungen, unvollständigen, teils telegrammstilartigen Satzäußerungen sowie lautlichen und grammatischen Fehlern. Diese Entwicklung endet in der vollständigen Unfähigkeit zu sprechen (Mutismus). Das Sprachverständnis ist hierbei lange noch relativ gut erhalten. Ebenso andere kognitive (geistige) Funktionen wie Gedächtnis, Orientierung, Urteilsvermögen und visuell-räumliche Fähigkeiten.

Im Gegensatz zur Frontotemporalen und auch zur Semantischen Demenz haben Menschen, die an der Primär Progressiven Aphasie leiden, Krankheitseinsicht und häufig einen erheblichen Leidensdruck. Sie versuchen, ihre sprachlichen Defizite durch nicht-sprachliche Mittel und Möglichkeiten auszugleichen. Im weiteren Verlauf kann diese isolierte Sprachstörung in das Bild einer Frontotemporalen Demenz übergehen.


Semantische Demenz

Ursache der Semantischen Demenz ist ein Abbau von Hirnzellen in den Temporallappen beider Großhirnhälften. Die Symptomatik äußert sich in einem fortschreitenden Verlust des Wissens über die Bedeutung von Wörtern, Gegenständen und Gesichtern. Dabei geht zunehmend die Fähigkeit verloren, über den Seh- oder auch Tastsinn Objekte, Bilder und Gesichter zu erkennen und in ihrer Bedeutung zu erfassen. Im Gegensatz dazu bleibt das Wissen über alltägliche Ereignisse und Handlungen (episodisches Gedächtnis) relativ gut erhalten. Aktuelle Ereignisse bleiben den Betroffenen besser im Gedächtnis als weiter zurückliegende. Zumindest im Frühstadium der Erkrankung besteht daher durchaus eine gewisse Lernfähigkeit.

Anders als bei der Primär Progressiven Aphasie (PPA) kommt es bei der Semantischen Demenz nicht zu lautlichen Fehlern, sondern zu Fehlern der Wortbedeutung (semantischen Paraphasien), die auch beim Lesen und Schreiben auftreten. Nachsprechen, Abzeichnen von Bildern und Rechnen sind nicht betroffen. Obwohl die Sprachproduktion zunächst meist flüssig ist, können die Probleme in der Wortfindung so massiv werden, dass sich die Patienten nicht mehr spontan sprachlich äußern können. In späteren Krankheitsstadien treten Verhaltensstörungen wie der die Unfähigkeit, mit Anderen mitzufühlen und der Verlust bisheriger Interessen auf und das Bild geht in jenes der Frontotemporalen Demenz über. Familiäre Häufungen weisen auf einen genetischen (erblichen) Einfluss der Krankheit hin.

Die Sprech- und Schluckstörung ist in der Regel weder durch medikamentöse Therapie noch durch die Tiefe Hirnstimulation nachhaltig zu beeinflussen. Eine möglichst frühzeitig einsetzende und in intensiven Intervallen durchgeführte Sprechtherapie bringt dagegen nachweisliche und lang anhaltende Verbesserungen der Sprechweise und wird ausdrücklich empfohlen.

Die Multiple Sklerose gilt als Autoimmunerkrankung, die durch eine chronische Entzündung die Markscheiden der Nervenleitungsfasern schädigt und damit die Nervenleitfähigkeit im zentralen Nervensystem herabgesetzt. Je nachdem, wo im Gehirn oder/und Rückenmark die Entzündungsherde sitzen und Vernarbungen (sogenannte Sklerosen) ausbilden, variieren die Symptome und das Erscheinungsbild der Erkrankung. Zu Beginn der Erkrankung zeigen sich Sehstörungen, motorische Beeinträchtigungen sowie Kribbel-Missempfindungen und Taubheitsgefühle, im weiteren Verlauf können spastische Lähmungserscheinungen (Paresen), unscharfe Bewegungen (Ataxien) mit Gangunsicherheit, Blasenstörungen und eine Sprechstörung auftreten. Mehr als die Hälfte der Betroffenen leiden zudem an kognitiven Beeinträchtigungen, insbesondere an einer Verlangsamung der geistigen Verarbeitungsgeschwindigkeit, und an psychischen Veränderungen wie Depressionen. Die Anfangsphase der Erkrankung ist in den meisten Fällen durch eine schubweise Zunahme der Symptome mit nachfolgenden Phasen des Stillstandes der Symptome (Remissionsphasen) gekennzeichnet. Der weitere Verlaufngeht häufig in eine chronisch fortschreitende Form über. Die Symptomatik kann jedoch im Einzelfall sehr stark variieren.

Die Sprechstörung / Dysarthrie gehört – neben ruckartigen Augenbewegungen (Nystagmus) und zunehmender Bewegungsunschärfe bei zielgerichteter Bewegung (Intentionstremor) – zu den drei Leitsymptomen der Multiplen Sklerose und tritt bei fast der Hälfte der Erkrankten früher oder später auf. Die Sprechstörung kann sich in unterschiedlichem Ausmaß äußern in unkontrollierter Tonhöhe und Lautstärke, undeutlicher Aussprache, Nasalität und verlangsamten Sprechbewegungen.

Um eine möglichst hohe Natürlichkeit sowie Verständlichkeit des Sprechens möglichst lange zu erhalten, ist eine sprachtherapeutische Übungsbehandlung angezeigt.

Zum Weiterlesen

Deutsche MS Gesellschaft, Selbsthilfe-Vereinigung mit sehr umfangreichen Informationen über die Erkrankung, Verlauf, Therapiemöglichkeiten u.v.m.: www.dmsg.de

Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. mit aktuellen und hilfreichen Informationen über die Erkrankung: www.amsel.de

Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Erkrankung des motorischen Nervensystems. Das motorische System, das die willkürlichen Bewegungen unserer Skelettmuskeln steuert, erkrankt sowohl in seinen zentralen Anteilen (Gehirn und Rückenmark) als auch in den peripheren Bereichen (Nervenbahnen von den Vorderhornzellen im Rückenmark zu den Muskeln des Körpers). Dadurch kommt es zu Muskelschwäche (Parese), unwillkürlichen Muskelzuckungen (Faszikulationen) und Muskelschwund (Atrophie) verschiedener Muskelregionen. Je nachdem, welche Teile des motorischen Systems (zuerst) betroffen sind, kann die Krankheit unterschiedlich verlaufen. In der Mehrzahl der Fälle entwickelt sich mit der Schädigung in den Rückenmarkszellen zunächst eine Schwäche der Arme und Beine. Die Ursache der ALS ist – mit Ausnahme der seltenen erblichen Form – bisher unbekannt.

In vermutlich allen Fällen tritt im Krankheitsverlauf eine Sprechstörung /Dysarthrie auf. In 20-30% der Fälle beginnt die Erkrankung mit einer Schwächung der Sprech-, Kau- und Sprechmuskulatur und damit einer Sprechstörung / Dysarthrie bzw. Schluckstörung / Dysphagie aufgrund einer Schädigung der im Hirnstamm liegenden motorischen Nervenzellen. Diese Form der ALS nennt man auch Progressive Bulbärparalyse. Sie schreitet meist rascher voran als die anderen Formen. Im Verlauf kommt es zu einer völligen Unfähigkeit des Sprechens (Anarthrie). Da es sich um eine Erkrankung ausschließlich des motorischen Nervensystems handelt, bleiben jedoch die Wahrnehmung (der Sinne, etwa für Berührung, Schmerz und Temperatur etc.), die Funktionen von Blase und Darm und insbesondere die geistige Leistungsfähigkeit und die Sprachfähigkeit erhalten. In der Regel schreitet die Krankheit über Jahre gleichmäßig langsam fort und verkürzt die Lebenserwartung.

Auch wenn es bisher noch keine Behandlung gibt, die ALS zum Stillstand bringen oder gar heilen könnte, ist es sinnvoll und unbedingt empfehlenswert, möglichst mehrmals pro Woche aktivierende Übungstherapie wie Krankengymnastik/Physiotherapie und Sprachtherapie /Logopädie durchzuführen, um die Muskelfunktionen so lang wie nur möglich zu erhalten und der Bildung von Muskelspastik vorzubeugen. Dabei müssen die Übungen immer der jeweiligen Leistungsgrenze angepasst werden.

Weitere ausführliche und verständliche Informationen über Verlauf, Diagnosestellung und Therapiemöglichkeiten von ALS zu erhalten über die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V.: www.dgm.org

Sehr aufschlussreich ist auch diese Internetseite einer Betroffenen: www.sandraschadek.de

Eine Ataxie ist eine komplexe Bewegungsstörung, welche zu unkontrollierten und unkoordinierten Bewegungsabläufen führt. Ursache ist eine Schädigung in den Bereichen des Gehirns, welche für die Koordination von Bewegungen verantwortlich sind, insbesondere im Kleinhirn (Zerebellum). Unter dem Begriff der hereditären Ataxien werden zahlreiche seltene Erkrankungen zusammengefasst, die durch eine Atrophie des Kleinhirns und seiner Verbindungsbahnen verursacht werden und fortschreitend verlaufen. Ihr gemeinsames Kennzeichen ist die ataktische Bewegungsstörung, bei der Willkürbewegungen nur unscharf ausgeführt werden können. Es kommt zu einer im Verlauf der Erkrankung zunehmenden Gangunsicherheit, Störung der Feinmotorik und der Augenbewegungen sowie einer Sprechstörung / Dysarthrie mit undeutlicher Aussprache.
Unter den autosomal-rezessiv vererbte Erkrankungsformen ist die Friedreich’sche Ataxie als die häufigste zu nennen, bei der die Symptomatik meist vor dem 20. Lebensjahr auftritt und bereits in den ersten Jahren zu einer Sprechstörung / Dysarthrie führt. Eine dominant vererbte Erkrankung ist die Gruppe der sogenannten Autosomal-dominanten zerebellären Ataxien (ADCA), welche im mittleren Erwachsenenalter beginnen. Da in ihrem Fall das Kleinhirn und/oder die Hinterstränge des Rückenmarks (Spinalkanal) betroffen sind, werden sie auch spinozerebelläre Ataxien (SCA’s) genannt. Die Ursache der idiopathischen zerebellären Ataxie (IDCA) ist unbekannt. Sie tritt im Erwachsenenalter auf.

Auch wenn es sich hierbei um fortschreitende Erkrankungen handelt, ist eine motorische Übungstherapie wie die Sprachtherapie angezeigt, um die Kontrolle über die Sprechbewegungen und damit eine möglichst verständliche und natürliche Sprechweise möglichst lange zu erhalten.

Ataktische Bewegungsstörungen können auch durch einen Infarkt, eine Blutung, einen Tumor im Kleinhirn sowie durch zahlreiche weitere Ursachen wie Vitaminmangel, Vergiftungen, Virusinfektionen und anderes ausgelöst werden. Der Verlauf hängt dann von der Ursache ab.

Die Huntington’sche Krankheit (ältere Bezeichnung: erblicher Veitstanz) ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Erkrankung, bei welcher es zu einer fortschreitenden Degeneration von bestimmten Nervenzellen im Gehirn (in den Basalganglien) kommt. Sie tritt meist im Erwachsenenalter (um das 40. Lebensjahr) auf und äußert sich in einer typischen Bewegungsstörung mit unwillkürlichen überschießenden Bewegungen von Rumpf, Gliedmaßen und auch der Gesichtsmuskulatur, zudem durch psychische Veränderungen wie mangelnde emotionale Kontrolle oder Depressionen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einem fortschreitenden demenziellen Prozess und die Bewegungsstörung verändert sich in Richtung Bewegungsarmut (Akinese) und Steifheit (Rigor).

In fast allen Fällen entwickelt sich bereits früh auch eine Sprechstörung / Dysarthrie sowie eine Schluckstörung / Dysphagie. Auch wenn es sich um eine fortschreitende Erkrankung handelt, ist eine motorische Übungstherapie wie die Sprachtherapie angezeigt, um die Kontrolle über die Sprech- und Schluckbewegungen möglichst lange zu erhalten. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es meist zu einer Unfähigkeit des Sprechens (Anarthrie) sowie des Schluckens. Da aufgrund eines deutlich erhöhten Energieumsatzes bei den Betroffenen eine ausreichende Ernährung von besonderer Bedeutung ist, wird dann häufig eine Sondenversorgung notwendig.

Zahlreiche weitere Informationen und Hinweise zur Erkrankung, Diagnostik, Gentestung, Verlauf und zum Leben mit Huntington finden Sie auf der Internetseite des Selbsthilfe-Verbandes Deutsche Huntington Hilfe e.V. Duisburg: www.huntington-hilfe.de